
„Manchmal wünsche ich mir den Fusselcheck zurück.“
Nina Kronjäger, Schauspielerin, Produzentin.
Nina Kronjäger, geboren in Marburg, wohnhaft in Berlin, Mutter von erwachsenen Zwillingen, Ko-Hundebesitzerin.
Nach einer klassischen Ausbildung für Schauspiel in München zog es sie zum experimentellen Theater und nach Berlin, sie arbeitete mit René Pollesch, andcompany&Co. und Amina Gusner am Podewil, der Volksbühne Berlin, im HAU und dem Theater unterm Dach. Zu sehen war und ist sie in diversen Kino- und Fernsehproduktionen, u. a. ABGESCHMINKT, TYPISCH MANN, OSTWIND und DARK. Nina arbeitet auch als Hörspielsprecherin, bspw. als Ermittlerin im Radio Tatort Verden an der Aller.
Sie hat den Theaterhybridfilm WENN MUTTI FRÜH ZUR ARBEIT GEHT von Amina Gusner koproduziert und mit dem Kollektiv Lachende Hyänen die Performance An der Grenze. Kürzlich produziert sie mit ihrem eigenen Kollektiv Sliders das Stück SCHLEIFEN, KNOTEN UND ZÖPFE mit dem Jugend-Theaterensemble RomPlay in Hamburg.
Nina ist Mitglied bei Pro Quote Film und Schirmfrau von karo e.V., einem Verein, der sich gegen Menschenhandel, Zwangsprostitution und die sexuelle Ausbeutung von Kindern einsetzt.
Webseite von Nina Kronjäger www.ninakronjaeger.com
Agentur von Nina Kronjäger www.agenturvogel.de
Webseite des Kollektivs Sliders www.sliders.one
Liebe Nina, lass uns mit Deinem persönlichen Hintergrund beginnen. Wie bist Du aufgewachsen und was zog Dich zur Schauspielerei?
Als ich geboren wurde, studierten meine Eltern noch in Marburg. Ein paar Jahre später gründeten sie mit anderen Studenten einen eigenen Kindergarten, weil das strenge Regiment in den städtischen Kindergärten nicht zu dem 68er Lebensgefühl meiner Eltern passte. Im Kinderladen erlebte ich mein erstes Kollektiv. Nach dem Studium meines Vaters ging die Familie nach Mannheim, wo dann meine Mutter ihr Studium weiterführte. Zuvor hatte sie pausiert, um für die Familie Geld zu verdienen. In der Grundschule war ich in meiner Klasse das einzige Kind mit Akademikereltern, alle anderen kamen aus Arbeiterfamilien. Der direkte, herzliche, oft raue Ton hat mich sehr geprägt. Nicht lange drumrum reden war die Devise in Mannheim. Und ich wurde mit acht Schlüsselkind, also hatte ich ab da viele Pflichten und Aufgaben. Mit dreizehn kam ich nach München und dort beschloss ich mit etwa fünfzehn, Schauspielerin zu werden. Es schien mir der beste Weg aus der Realität, denn ich hatte einen Hang zu Träumereien. Dieses Sich-weg-Träumen war sicher gesund, denn die Welt rüstete gerade auf und der 3. Weltkrieg war eine reale Gefahr. Ich spielte im Schultheater und bewarb mich noch vor dem Abitur an drei Schauspielschulen, - bei der dritten und letzten hat es geklappt, der Otto-Falckenberg-Schule in München.
Seit einiger Zeit wird das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch in der Film- und Fernsehbranche breiter thematisiert. Als Du 2003 mit Mitte 30 Mutter von Zwillingen wurdest war das wahrscheinlich noch nicht der Fall und eventuell stärker als heute eine individuelle Herausforderung?
2003 spielte ich an der Berliner Volksbühne René Pollesch’s 24 STUNDEN SIND KEIN TAG. Das Theater hatte mit meiner Schwangerschaft kein Problem. Alles lief gut, bis ich vorzeitige Wehen bekam, da wurden die restlichen drei Vorstellungen abgesagt.
Vorher, im fünften Monat, hatte ich ein sehr attraktives Film-Angebot bekommen - eine Episodenrolle bei KÖRNER UND KÖTER. Ich wusste, dass ich eine Weile nicht würde drehen können, da war das finanziell eine Absicherung. Mein Bauch wurde schon größer, also habe ich Regie und Kostüm ins Vertrauen gezogen, die Versicherung aber angeschwindelt. Die Kostümabteilung hat bewusst ein Kostüm für mich ausgesucht, das den Bauch kaschierte, und im Laufe der Produktion die Hose erweitert. Danach fielen Filmproduktionen für mich flach. Schwangere werden einfach nicht versichert.
Du meinst eine Art Ausfallversicherung, falls Du mitten in der Produktion nicht mehr weiter drehen kannst, oder Dir beim Dreh etwas passiert?
Genau. Vor einem Dreh werden wir Schauspieler*innen nach gesundheitlichen Aspekten befragt - ob wir Drogen nehmen, Herzprobleme haben, ob wegen uns schon ein Dreh ausgefallen ist oder ob wir schwanger sind. In dem Fall wird eine Versicherung vermutlich nicht gerne versichern, und die Produktion müsste bei einem Ausfall selbst die Kosten tragen.
Musstest Du der Versicherung gegenüber unterschreiben, dass Du nicht schwanger bist?
Ich weiß nicht mehr, ob ich so bewusst gelogen habe. Ja, vermutlich.
Ist so eine Frage überhaupt zulässig?
Keine Ahnung.
Zum Glück ist alles gut gegangen, Du hast unbeschadet von Theater- und Filmarbeit zwei gesunde Kinder zur Welt gebracht und warst jetzt alleinstehende Mutter. Und gleichzeitig Schauspielerin, die irgendwann wieder arbeiten wollte. Konntest Du gegenüber Produktionen Forderungen stellen oder hattest Du eher nichts gesagt, um den Wiedereinstieg nicht zu gefährden?
Eher das erste. Ich fing wieder an zu drehen, als die Zwillinge fünf Monate alt waren. Da alle nun von den Kindern wussten und ich Hauptdarstellerin war, konnte ich sehr viele Forderungen stellen: Bei der ersten Produktion SCHLAFSACK FÜR ZWEI bekam ich ein Abpump-Zelt am Set, zusätzlich zum Wohnwagen, da wir viel im Wald gedreht haben. Und die Kinder wurden mir mittags von der Kinderfrau gebracht. Meine Mittagspause wurde dafür verlängert.
Um wie viel?
Um zehn Minuten.
So es ging, wurde ich erst ab 8 Uhr abgeholt, um morgens noch zuhause stillen zu können. Bei der zweiten Produktion - der Sitcom TYPISCH MANN - ging es noch einen Schritt weiter. Mir wurden von der Produktion Kernarbeitszeiten von 9 bis 18 Uhr zugesichert, Arbeitszeiten vor 9 oder nach 18 Uhr musste mit mir abgesprochen werden. Bei vier Monaten Drehzeit als Mutter von Säuglingen war das für mich eine Grundvoraussetzung, den Dreh überhaupt zu beginnen.
Diese Konditionen wurde aber von meiner damaligen Agentur vertraglich nicht festgehalten, weil sie Angst hatten, dass der Dreh platzt. So musste ich nach Drehbeginn mit einem Anwalt diese Forderungen durchsetzen. Während des Drehs in einem Studio hatte ich einen eigenen Ruheraum, und meine Kinderfrau war regelmäßig mittags mit den Kindern bei mir.
Nina Kronjäger mit Lucille und Lennon und Maskenbildnerin Marion Stets am Set von DICKE LIEBE (2008). Foto privat.
Das klingt selbst für heutige Verhältnisse nach guten Bedingungen. Mich überrascht, wie entgegenkommend die Produktionen waren, denn niemand gilt als unverzichtbar, nicht mal Hauptdarstellerinnen. Wie hast Du es geschafft, vor mehr als zwanzig Jahren solche Konditionen für Dich durchzusetzen?
SCHLAFSACK FÜR ZWEI war die wiederholte Zusammenarbeit mit Regisseur Zoltan Spirandelli und meinem Kollegen Jörg Schüttauf. In dieser Konstellation hatten wir 2002 EIN GANZER KERL FÜR MAMA gedreht. Der Regisseur wollte unbedingt die gleiche Besetzung - so hatte ich eine gute Verhandlungsposition. Die Sitcom habe ich mit meinem Ex und Vater der Kinder Thomas Heinze als Partner gedreht. Auch da schien Regisseur Ulli Baumann und die Produktionsfirma Studio Hamburg viel daran gelegen zu sein, dass ich es mache. So waren sie meinen Argumenten gegenüber aufgeschlossen: es sind zwei Kinder, ich stille sie noch, wir brauchen Familienzeit, das stehe ich vier Monate lang nur durch, wenn ich Kernarbeitszeiten habe.
Und wie sah das mit Unterstützung z.B. durch Angehörige aus?
Thomas und ich waren schon vor der Geburt der Kinder getrennt. Er übernachtete aber während ihres ersten Jahres zwei bis drei mal in der Woche bei mir, damit ich Nächte hatte, in denen ich durchschlafen konnte. Erst im Alter von zwei Jahren fingen die Kinder an, bei ihm zu übernachten. Aber er hat mich tagsüber viel unterstützt. Ebenso kam meine Mutter ab und zu von München nach Berlin, um mir zu helfen. Zusätzlich zur Kinderfrau hatte ich zwei Babysitter. Mit zweieinhalb kamen die Kinder in einen Kindergarten, den ich mitgründete, da in meinem Viertel kein Kitaplatz zu finden war.
Das heißt Du hattest alles privat organisiert und es gab keine Forderungen oder Wünschen mehr an die Produktionen?
Doch! Mit Zwillingen musste ich von Anfang an Forderungen stellen. Zwei Kinder lassen sich nicht so leicht ,weg organisieren’ - mal bei ner Freundin lassen oder einer anderen Kindergartenmama mitgeben - wie es mit einem Kind der Fall gewesen wäre.
Ab der Zeit, wo die Kinder in im Kindergarten gingen, hatte ich drei Jahre in Folge Au-Pair-Mädchen. Auch diese waren einverstanden mit meinem unsteten Leben und kamen manchmal mit den Kindern an den Drehort. Oder übernahmen die Betreuung, wenn ich die Stadt verließ. Sämtliche Betreuung habe ich selbst organisiert. Mit den Produktionen verhandelte ich manchmal, dass bei Auswärtsdrehs die Unterkunft für eine Kinderbetreuung finanziell mitgetragen oder komplett übernommen wurde.
Das wurde im Laufe der Zeit weniger, da auch Thomas, der Vater der Kinder, mehr und mehr übernahm, sie irgendwann in die Schule kamen und nicht mehr so einfach mitreisen konnten. Wir haben viel über Terminkalendern gesessen. Schwierig zu planen war es auch deswegen, weil Produktionen sehr spät Drehpläne herausgeben - so ungefähr drei Tage vor Drehbeginn.
Unsere Rettung war Jackie Brown, die neue Lebenspartnerin von Thomas. Sie hatte als einzige von uns einen Job in Berlin und war kontinuierlich vor Ort.
Deine Situation hattest Du der Produktion gegenüber nicht verheimlicht, und die Kolleg:innen vor und hinter der Kamera werden die Zwillinge am Set mitbekommen haben. Weißt Du, ob Du anderen Filmfrauen Mut machen bzw. ihnen als Vorbild für Verhandlungen dienen konntest?
Toll wäre es, wenn es so ist. Aber war ich nicht einfach irre privilegiert? Wer hätte sich getraut als Script, Requisiteurin, Maskenbildnerin, solche Forderungen zu stellen?
In erster Linie sind das Mütter, genau wie Du. Wenn sie vor der Frage, stehen ob sie überhaupt arbeiten können oder nur unter bestimmten Rahmenbedingungen, dann ist der Druck groß, kleine oder große Forderungen zu stellen.
Ich habe den Eindruck, dass in sehr vielen Fällen die Mütter der Filmschaffenden oder andere Familienmitglieder die Betreuung übernommen haben, durchaus auch die Partner. Kinder am Set von mehreren Gewerken, das hab ich nicht erlebt.
Und wie ist das heute? Sprichst Du speziell mit jüngeren Schauspielkolleginnen über das Thema Familiengründung und die Probleme, aber auch Möglichkeiten beim Dreh, konkret Deine Erfahrungen?
Soweit ich weiß, werden schwangere Schauspielerinnen nach wie vor nicht versichert - absurd. Schwangerschaft heißt Schwangerschaft und nicht Krankheit. Aber ich sehe so gut wie nie schwangere Frauen an einem Set.
Sprechen tun wir alle dauernd und sehr viel über unsere Familiensituationen und ich freue mich vor allem, wenn es für jüngere Frauen in allen Gewerken heute schon selbstverständlicher ist, Careaufgaben zu teilen mit einem Partner. Aber es gibt ein anderes Hindernis: durch die Stagnation der Gagen und der irrsinnig gestiegenen Lebenshaltungskosten überlegen sich junge Schauspielkolleg*innen sehr genau, ob sie sich Kinder leisten können.
Konntest bzw. kannst Du Dich aus Deiner Position heraus für Kolleginnen mit kleinen Kindern einsetzen?
Niemand kam auf die Idee, Kinder grundsätzlich mitzubringen oder beispielsweise einzufordern, um 16 Uhr zu gehen, um sie von der Kita abzuholen. Kinderbetreuung war Privatsache. So konnte ich mich nicht einsetzen.
Würdest Du sagen, dass sich die Einstellung der Branche bzw. von Filmproduktionen grundsätzlich geändert hat seit 2003? Ist das Thema zumindest präsenter?
Familie ist an jedem Set sofort ein Thema. Frauen erzählen sich untereinander sehr offen, wie es ist mit Kindern oder zu pflegenden Angehörigen und dem Beruf. Die meisten Frauen fühlen sich nicht genug unterstützt vonseiten der Produktion, außer sie haben eine besonders familienbewusste Produktionsleitung. Aber die sind eher die Ausnahme.
Als Hauptdarstellerin kann man am Set zumindest dafür sorgen, dass Arbeitszeiten eingehalten werden, vertraglich zugesicherte Höchstarbeitszeiten von 12 Stunden, und Drehpausen von 11 Stunden.
Für Dich oder für das gesamte Team?
Wenn ich in der letzten Szene drin bin, für alle. Aber das würde einer Mutter mit kleinem Kind noch nicht genug helfen. Drehzeiten sind immer noch zu unwägbar.
Wie ist das mit der nächsten Generation?
Die jetzt Anfang Mitte 20-Jährigen erlebe ich als offener. Bei jungen Filmschaffenden gibt es vielleicht mehr Bewusstsein für die immer noch bestehende Ungleichheit zwischen den Gewerken - Regie bringt Kinder mit ans Set und Requisite nicht - und zunehmend wollen Väter auch Zeit für ihre Kinder haben. Aber dann ist die Frage, wie diese Wünsche im Alltag der Filmbranche beachtet werden können, wenn immer mehr in immer kürzerer Zeit gedreht werden soll.
Manchmal wünsche ich mir den Fusselcheck zurück. Um das kurz zu erklären: Als noch nicht digital, sondern mit Filmmaterial gedreht wurde, musste alle 3-4 Takes gecheckt werden, ob sich ein Fussel ins Objektiv geschlichen hat. In der Zeit ruhte das Set. Denn wenn ein Fussel auftauchte, wurde das Objektiv gesäubert und direkt noch ein Take gedreht. Das hat den Drehtag etwas entschleunigt.
Oder wenn mehr stillende Mütter am Set arbeiten, dann gäbe es auch Innehalten für alle.
Absolut! Jedenfalls ist Familienfreundliches Drehen eines der wichtigsten Themen überhaupt in unserer Branche. Und alle würden davon profitieren, egal ob mit oder ohne Kinder oder pflegebedürftige Angehörige.
Ich selbst hatte auch phasenweise die Nase voll von langen Drehzeiten, dem Umherziehen, der Abwesenheit von Zuhause. Die nachfolgende Generation hat mehr Bewusstsein für ein ausgeglichenes Arbeits- und Privatleben. Wenn wir diese Menschen nicht an andere Branchen verlieren wollen, müssen wir für menschen- und familienfreundliches Drehen kämpfen. Ich kann nur hoffen, dass sich bald etwas ändert. Viele Kollegen und Kolleginnen habe ich unzufrieden, abgekämpft und ausgebrannt erlebt, mit oder ohne Angehörige, um die sie sich kümmern müssen. Wäre ich Produzentin, würde ich alles anbieten: 4-Tage-Woche, geteilte Jobs, Kinderbetreuung am Set.
Ein wichtiger Aspekt ist sicher auch die Frage, wie viele Frauen am Drehort sind. Wenn etwa gleich viele Frauen und Männer am Set arbeiten, gehen alle freundlicher und fürsorglicher miteinander um, als wenn es nur dreißig Prozent Frauen sind.
Du warst 2023 beim Pro Quote Film-Kongress und danach an der AG Familienfreundliches Drehen beteiligt. Wieso engagierst Du Dich für dieses Thema und was willst Du erreichen?
Ich engagiere mich, weil ich Bewusstsein und Sichtbarkeit für das Thema schaffen will. Wir Filmschaffenden haben uns alle darin eingerichtet, dass Drehen familienunfreundlich ist und alle individuell klar kommen müssen. Das können wir ändern!
Wünschenswert wäre, dass es wie beim Green Shooting eines Tages Mindeststandards in Bezug auf Familienfreundlichkeit gibt, die alle Produktionen, alle Sender erfüllen müssen. Und dass für Produktionen bei Förderungen finanzielle Vorteile daran geknüpft würden, ob sie familienfreundliche Standards bieten. Vermutlich ist es bis dahin noch ein weiter Weg.
Ich hoffe auf zwei wichtige Faktoren: erstens gibt es zu wenig Fachkräfte - wenn man sie behalten und gewinnen will, muss man ihnen en gros entgegenkommen. Zweitens gibt es zu wenig Kinder.
Wie betreffen Dich heute als Mutter erwachsener Kinder Forderungen zu Familienfreundlichem Drehen?
Meine Kinder sind zwar inzwischen groß und mein Sohn im Ausland. Trotzdem bin ich als Mutter immer noch in Charge mit einer Tochter zuhause und einem ab und zu heimkehrenden Sohn.
Und gleichzeitig kümmere ich mich zunehmend um meine Eltern. Meine Mutter, die allein lebt, braucht da und dort Hilfe und bei meinem Vater übernehme ich zweimal im Jahr die Verhinderungspflege, damit meine pflegende Stiefmutter Urlaub machen kann. Und dann gibt es noch einen Hund. Der wandert zwischen einem Ex-Partner und mir hin und her, - logistisch gesehen ist all dies eine Herausforderung. Für mich erleichternd wäre, wenn Filmproduktionen Rücksicht nehmen könnten auf meine familiären Sperrzeiten. Momentan hat das in der Filmbranche einfach keine Priorität, wenn jemand sich um Familie kümmert.
Mittlerweile spiele ich keine Hauptrollen mehr und als Nebenrolle kann ich keine Forderungen stellen. So nehme ich in Kauf, nicht drehen zu können, wenn ich meine Eltern pflege.
Die Pflege von kranken oder älteren Angehörigen Filmschaffender wird recht selten öffentlich thematisiert. Liegt das vielleicht daran, dass das auch wieder überwiegend in die Zuständigkeit von Frauen fällt und die nicht darüber sprechen bzw. still für eine Weile die Branche verlassen?
Ganz sicher ist das so. Es gibt noch nicht genug öffentliches Bewusstsein dafür, dass diese Arbeit gesellschaftlich wichtig ist. Und dass es gerecht wäre, diese Arbeit zu teilen. Ich selbst mache meine pflegerischen Aufgaben auch noch nicht öffentlich genug. Ich nehme in Kauf, dass es finanziell schwieriger wird, da mir meine Fehlzeiten keiner ausgleicht. Krankenkassen klären auch nicht genug auf. Umso wichtiger ist es, sich auszutauschen über Beratungsstellen und Hilfsangebote.
Angenommen Deine Kinder wollen in Deine Fußstapfen folgen und auch in die Filmbranche, und angenommen sie werden in zehn Jahren selber Eltern, wie wird es bis dahin mit dem Familienfreundlichen Drehen aussehen?
Ich würde mich freuen, wenn die nächste Generation Filmschaffender es leichter hat. Es ist ein Ansporn für mich, wenn ich helfen kann, die Strukturen zu verbessern. Dann ist mehr Zeit für Kreativität!
Vielen Dank für das Gespräch, liebe Nina, und alles Gute!
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Portraitfoto zu Beginn: Nils Schwarz